Die letzte längere Radtour aus dem alten Jahr, von der es etwas zu berichten gibt, war eigentlich gar keine richtige Tour. Ich fuhr nur nach Adlershof, in die Nähe meiner Arbeit und dort 200 Kilometer um den Block. Eine Runde nicht ganz einen Kilometer lang. Insgesamt 206 mal. Bei Strava sah das ganze dann wie ein normaler Arbeitsweg aus. War aber halt etwas länger.
Wie kam es dazu?
Winter ist Winterpokalzeit. Dabei handelt es sich um eine Motivationshilfe vom Rennrad-Forum. Für jeweils 15 Minuten Radfahren bekommt man dort einen Punkt. Die Punkte werden addiert und in einer Rangliste kann man sich dann mit anderen Teilnehmern vergleichen.
Für dieses Jahr hatte ich mir vorgenommen, das alles nicht so ernst zu nehmen und auch etwas weniger zu fahren, als in den letzten beiden Jahren. Aber ich will schon die maximal mögliche Punktezahl erreichen. Das heißt also, das ich versuche, meine Fahrten so zu beenden, das die Fahrzeit dividiert durch 15 keinen Rest ergibt.
Auf irgend einem Arbeitsweg im November traf ich Svenne. Wir fuhren ein paar Kilometer zusammen und quatschten. Am Ende fehlten mir dann 6 Minuten. Also fuhr ich in Adlershof zwei Runden um den Block. Svenne begleitete mich für eine Runde. Währenddessen drehte sich unser Gespräch um die Möglichkeit einmal 200 Kilometer dort im Kreis zu fahren. Und dann fiel der Satz der alles veränderte. Svenne sagte: „Das schaffst selbst du nicht.“ Und ab genau diesen Moment stand die Herausforderung auf meiner Todo-Liste.
Wie lief die Fahrt?
Ehrlich gesagt ging ich davon aus, vom Ablauf her einen fast normalen Arbeitstag zu erleben. Morgens nach Adlershof fahren, dort 8 Stunden bleiben und dann wieder nach Hause. Nur halt nicht auf Arbeit sondern auf dem Rad. Irgendwie langweilig. Aber das wurde es dann doch nicht.
Obwohl ich im Vorfeld nach dem Wetterbericht geschaut hatte, fing es auf den ersten Runden direkt an ein klein wenig zu Regnen. Eine Regenjacke hatte ich nicht dabei. Musste also irgendwie so gehen. Interessant nach dem Regen war allerdings, das ich meine eigenen Spuren auf dem Asphalt sehen konnte. Dort trocknete die Straße etwas schneller. Und mit jeder Runde kam eine weitere Spur dazu.
Interessant war auch, was es alles so zu sehen gab. Für mich war meine Runde ein großes Wimmelbild. Stand das Auto in der Runde zuvor auch schon so da? Wo kommt der Spaziergänger her und wo will er hin? Was macht der Professor wohl am Wochenende im Büro? Und auch Tiere bekam ich einige zu Gesicht. Klar das meiste waren Hunde, die ausgeführt wurden. Aber auch ein Fuchs war mit dabei. Ansonsten war nur Sicherheitsdienst und Objektschutz im Gewerbegebiet unterwegs. Und die schauten mich schon etwas verwundert an.
Um die Mittagszeit herum kam Lars mich kurz besuchen und brachte mir frisches Wasser. Auf meinem kleinen Kilometer „Käfig“ gab es nämlich nichts. Danke Lars. Es ist schön Freunde zu haben, die einen selbst bei so einen Blödsinn unterstützen. Wenn ich mich noch einmal provozieren lassen sollte, dann checke ich vorher, ob ein Biergarten am Weg liegt.
Am Nachmittag wiederholte sich das gleiche Spielchen wie am Vormittag. Nur wusste ich nun, welcher Hund auf welchem Weg ausgeführt wurde. Und ich wusste auch, wie die Runden vom Sicherheitsdienst aussahen. In welcher Reihenfolge welches Objekt „bewacht“ wird. Das ging am Ende dann soweit, das ich dem Sicherheitsdienst keine Handzeichen mehr geben musste. So wie ich wusste wo sie hinwollen, wussten sie das ich rechts abbiegen würde.
Dann nach nicht ganz 9 Stunden war es geschafft, die 200 Kilometer standen auf dem Radcomputer. Am Ende wurde der Wind noch etwas unangenehmer. Beim Fahren im Kreis kann man nicht auf durchgängigen Rückenwind hoffen. Zu Hause stellte ich die Fahrt direkt bei Strava ein und schickte Svenne den entsprechenden Link.
Und dann zu Hause?
Kurz darauf stand dann mein Handy nicht mehr still. Es gab einige Kommentare bei Strava, aber auch viele direkte Wortmeldungen über Whatsapp, Facebook und co. Deutlich mehr als bei einer „normalen“ 200 Kilometer Radtour. Ungefähr die Hälfte hielt mich nun für völlig bekloppt und die andere Hälfte bewunderte die Leistung.
Für mich zählte aber eigentlich nur die Reaktion von Svenne: „Du hast das jetzt aber nicht wirklich gemacht?“ – „Doch habe ich.“
Doof halt… 🙂