Ich wachte morgens mit einem Lächeln im Gesicht auf. Hatte gut geschlafen und das Wetter war auch wieder viel besser. Außerdem trennten mich von meinem Ziel, dem Mittelmeer, nur noch wenige Kilometer. Ich freute mich auf einen perfekten Tag am Meer.
Aber zuerst folgte ich meiner alltäglichen Routine. Packte meine Sachen und ging im Hotel Frühstück essen. An der Stelle möchte ich einmal sagen, dass das Frühstück in den „billigen“ Hotels immer sehr übersichtlich war. Es gab Baguette, Croissants, Butter, süßen Brotbelag, Kaffee und Saft. Wurst und Käse gab es so gut wie gar nicht. Da es meist aber auch nur 5 Euro kostete, war das voll okay und besser als ein Keks- und Gummibärchenfrühstück war es auf jeden Fall.
Sofort nachdem ich den Ort verlassen hatte, in dem ich die Nacht verbrachte, befand ich mich mitten in Weinbergen. Da ich in Richtung Meer fuhr, führten mich die kleinen Straßen hauptsächlich Berg ab. So machte es richtig Spaß. Circa 20 Kilometer vor dem Mittelmeer musste ich rechts abbiegen. Und da war er wieder: Mein Kanal. Von nun an ging es nur noch gerade aus bis ans Meer.
Die Vegetation war eine komplett andere als an den Tagen zuvor. Alles war nicht mehr so grün. Keine großen Bäume. Viele kleine Seen. An einer Stelle konnte ich sogar Flamingos sehen. Ich hielt kurz an um ein Foto zu machen, allerdings gelang mir das nicht. Fokus falsch gesetzt. Dumm gelaufen.
Ich erreichte Le Grau-du-Roi. Das Meer konnte ich bereits riechen. Ich fühlte mich großartig. Ich war mit meinem Rad am Mittelmeer. Unglaublich schön. Ein „Ziel erreicht“-Gefühl machte sich breit. Und trotzdem klemmte ich mir den kleinen Umweg und lies die Strandpromenade aus. Ich wollte erst in dem nächsten Ort an den Strand.
Und der Ort kam mir dann auch wieder bekannt vor. Denn bis dorthin hatten wir es bei unserem Provence Familienurlaub geschafft. Natürlich mit dem Auto. Ich erinnerte mich an einem Restaurantbesuch bei dem ich und meine große Tochter Muscheln mit Pommes gegessen hatten. Die Pommes in einer gemeinsamen Schale serviert. Und ich erinnerte mich auch an die Beschwerde meiner Tochter: „Papa, ich habe nur einen einzigen Pommes abbekommen.“
Diesmal wollte ich allerdings nicht ins Restaurant. Keine Pommes. Ich wollte an den Strand. Relativ lange suchte ich nach einem Strandaufgang, der nicht gänzlich aus tiefen Sand bestand. Außerdem sollte es etwas ruhiger sein. Ich hatte keine Lust auf einen vollen Strand. Nach einigen Kilometern fand ich dann auch eine schöne Stelle. Ich fuhr mit dem Rad direkt auf den Strand. Über einen mit Holz ausgebautem Weg. Ich machte ein paar Fotos und ging natürlich auch ins Wasser. Schließlich hatte ich für diesen Moment extra ein kleines Handtuch im Gepäck.
Direkt nach der Pause ging ich noch einmal baden. Komplett mit Rad. Auf meinem Weg befand sich eine große Pfütze. Am Rand des Weges links und rechts eine kleine Steinwand. Außer mitten durch gab es also keine andere Möglichkeit. Und diese eine Pfütze reichte aus, das mein Rad schlimmer aussah als am Tag davor. Alles war mit einer Schicht aus ganz feinem Sand überzogen. Das gemeinsame Duschen war also völlig umsonst. Naja Pech gehabt.
Es folgte der schönste Teilabschnitt des Tages. Ich bezeichnete ihn als Schaulaufen am Mittelmeer. Mein Weg führte mich mehr oder weniger immer parallel zum Wasser. Immer wieder konnte ich das Meer sehen und so wie es sich gehörte kam der Wind natürlich von vorne. Nicht schlimm, denn wenn ich am Meer bin, möchte ich auch den Wind spüren.
Mittags erreichte ich Sete. Optisch eine wunderschöne Stadt. Direkt am Mittelmeer. Auf einem kleinen Berg bzw. Felsen errichtet. Eigentlich wollte ich dort was Essen, aber ich fühlte mich dort nicht wirklich wohl. Die Straßen waren voll. Aber nicht nur mit Autos. Auch Fußgänger waren total viele unterwegs. Vor allem in den engen Gassen im Stadtzentrum war es schlimm. Ich versuchte dort also so schnell wie möglich wieder rauszukommen
Stattdessen machte ich nochmal eine Pause am Strand. Diesmal musste ich mein Rad allerdings durch den Sand tragen. Dafür war ich dann allerdings komplett alleine. Ich setzte mich, aß und trank etwas und lies meine Gedanken abschweifen. Noch immer schaute ich etwas ungläubig auf das Wasser. Es war wirklich das Mittelmeer auf das ich blickte.
Die nächste Stadt, die auf meinem Track lag, war Agde. Dort wollte ich die nächste Pause machen. Hielt dann allerdings vorher doch noch einmal an. Meine Vorräte waren aufgebraucht. Ein italienischer Imbiss. Da mir die Pizza allerdings zu teuer war, kaufte ich wieder nur Cola ein und bat den Verkäufer meine Trinkflasche aufzufüllen und gleichzeitig eine leere Cola Flasche für mich zu entsorgen. Allerdings verstand er mich nicht. Nach einigem hin und her, füllte er mir dann beide Flaschen mit Wasser. Also auch die, die ich eigentlich entsorgen wollte. Ich gab auf und nahm sie einfach wieder mit. Schon wieder Pech gehabt.
In Agde selbst hatte ich extra einen kleinen Umweg eingeplant, da ich auf Komoot eine Pier gefunden hatte, die befahren werden konnte. Dort erhoffe ich mir ein paar schöne Fotos von meinem Rad am Mittelmeer. Allerdings erlebte ich eine herbe Enttäuschung. Die Pier war wegen Bauarbeiten gesperrt. Auf einem Parkplatz kurz davor war für mich Schluss.
Es folgte ein relativ weiter Weg durch die Stadt. Denn ich musste über den Fluss Herault und die nächste Brücke war ziemlich weit weg vom Strand. Dazu kam dann noch das Problem, das auf der nahe liegenden Autobahn Stau war und viele Autofahrer auf meinen kleinen Feldwegen unterwegs waren. War nicht wirklich schön. Auf einem einspurigen Weg mit schlechtem Asphalt dann auch noch ständig den Gegenverkehr ausweichen zu müssen.
Es wurde aber noch anstrengender. Ich verließ das Mittelmeer in Richtung Westen. Alles was ich früh am morgen hinunter geradelt war musste ich nun wieder hinauf. Mit Gegenwind und einer Sonne, die es zu gut mit mir meint. Was sie sich am Tag zuvor zu wenig blicken lies, war jetzt einfach zu viel. Ich versuchte mit regelmäßigen kurzen Pausen gegenzusteuern und war jetzt irgendwie ganz froh über die zusätzliche Flasche Wasser, die ich eigentlich entsorgen wollte.
Außerdem war ich ziemlich aufgeregt wegen meines Hotels. Ich hatte nämlich in dem ländlichen Gebiet keines gefunden und buchte mir stattdessen ein Bed&Breakfast. Besitzerin war eine ältere Dame, die außer Französisch keine anderen Sprachen sprach. Immerhin wusste ich aber schon, das für mein Rad ein Platz zur Verfügung stand.
Vorher lagen aber noch zwei Anstiege vor mir. Überraschend steil. Und dazu auch noch auf Feldwegen mit sehr schlechtem Asphalt. So wirklich Lust weiter zu fahren hatte ich nicht. Aber ich musste. Das Zimmer war gebucht und eine Alternative war nicht greifbar. Vor allem sehnte ich mich nach etwas Schatten. Aber nix. Weit und breit nur Weinberge. Also machte ich dort Pause. Aß reichlich Trauben und trank mal wieder eine Cola. Danach ging es mir besser und die letzten Kilometer waren schnell geschafft.
Die ältere Dame vom Bed&Breakfast war ziemlich nett. Die Sprache stellte keine große Barriere dar. Ich versuchte es mit Englisch, sie versuchte mir zu folgen und wenn es nicht ging dann nutzten wir die Übersetzer-App unserer Handys. Meine größte Sorge war, das ich nichts mehr zum Essen hatte und weit und breit kein Supermarkt zu finden war. Also fragte ich nach. Sie empfahl mir ein Restraunt im Ort. Ein weiteres Problem gab es mit dem Frühstück. Dieses gab es bei ihr erst ziemlich spät. Sie erklärte mir, das der Bäcker das Problem sei. Dieser machte einfach zu spät auf. Trotzdem versprach sie mir das Frühstück so früh wie nur möglich fertig zu haben. Damit war ich zufrieden und bezog mein Zimmer.
Es folgte ein wunderschöner Abend, an dem ich mich wie Gott in Frankreich fühlte. Das Restaurant war super. Geführt von einem älteren Ehepaar. Sie machte in der Küche einen wundervollen Job und er versuchte sich als Kellner. Auch total nett. Kommunikativ. Auch wenn wieder nur Französisch gesprochen wurde. So machte er sich zum Beispiel über meine Stirn lustig. Denn diese war durch den Helm im oberen Bereich weiß, während der untere tief braun war. Das Essen war das Beste, welches ich auf der gesamten Rundreise bekam. Ich bestellte mir gegrillte Entenbrust mit Gänsestopfleber. Ja ich weiß, soll man nicht machen, aber in Frankreich gehört das wohl irgendwie dazu. Und ich will halt alles mal probiert haben.
Nach dem Restaurantbesuch ging ich zurück zu meiner Unterkunft. Setzte mich noch für eine Stunde vor das Haus. Telefonierte kurz mit meiner Familie und genoss den Moment. Das Leben kann so schön sein…
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